Januar 2021
Das Boot schläft zwar unter der Winterplane, trotzdem gibt es Fortschritte.
Inzwischen hat sich herausgestellt, dass sich bei unserem Citroen-Campingbus keine Einbaustelle für eine Diesel-Standheizung finden lässt, die weiterhin den problemlosen Komplettausbau der Einrichtung erlaubt. So mache ich aus der Not eine Tugend und kaufe eine kleine Wallas-Petroleumheizung. Zusammen mit einem Motorsensentank für ca. 8 bis 10 Betriebsstunden ergibt das eine handliche, mobile Heizeinheit, die sowohl im Bus als auch im Boot eingesetzt werden kann. Im Bus steht sie vor dem umgedrehten Beifahresitz und im Boot unter dem Cockpit. Sie muss nur mit dem jeweils passenden Ansaug/Abgasrohr versehen werden für die Seitenscheibe bzw. für die Cockpitseitenwand.
So sieht die Heizung aus, wenn sie im Boot eingebaut ist. Verbrennungsluftzufuhr, Abgas und Tankbelüftung werden außen im Cockpit bei Nichtbenutzung von einem 125 mm-Wartungsdeckel verschlossen.
Februar 2021
Auch in diesem Jahr bestimmt die Corona-Pandemie unseren Alltag. Ich sehe keine praktikable Möglichkeit, um in diesem Frühjahr einen Probetörn zu machen. Also ist mein Plan: erst mal weiterbasteln. So ganz falsch liege ich ja erfahrungsgemäß mit meinen Konstruktionen nicht. Außerdem ist fast kein Fehler so schwerwiegend, dass er nicht auch wieder korrigiert werden kann.
Ich bestelle meinen Wunschmotor, einen Mercury F 9,9 ELH CT.
März 2021
Als ersten Ausbauschritt der neuen Runde nehme ich mir den Bugbereich vor.
Für den Einsatz eines Cobra-Ankers und als Befestigungsmöglichkeit für den mitgekauften Gennaker erscheint mir eine Bugplattform sinnvoll. Die Verschraubung wird etwas komplizierter als üblich, da die Plattform beim Trailern nach oben geklappt werden muss. Für Kette und Ankertau wird im ungenutzten Vorpiek ein Kettenkasten abgeteilt.
Bei Bedarf ist der Kettenkasten auch von innen zugänglich.
Im Cockpit fange ich mit der großen Backskiste an, die die Backbord-Hundekoje ersetzt.
April 2021
Von den noch nicht ausgeführten Umbaumerkmalen ist die Anbringung des stärkeren Motors das aufwändigste. Die Weiterverwendung des Motorhalters kam von vornherein nicht in Frage: unschönes Aussehen, unpraktische Bedienung, nicht optimale Fahreigenschaften. Die erste Überlegung war, den Motor mittig am Spiegel anzubringen und das vorhandene Ruder durch ein Doppelruder zu ersetzen. Bei meinem Diabolo bin ich mit dieser Anordnung sehr zufrieden. Allerdings ist hier der Rumpf fast 2 Meter länger und ich habe Bedenken, dass der Propeller in der Welle zu häufig aus dem Wasser kommen könnte. Nach ausgiebigem Studium der Mercury-Maßzeichnungen und es Bauplans stelle ich fest, dass sich der erste Spant an der denkbar besten Stelle befindet um den Motor in einem Schacht zu betreiben.
Zuerst wird der Unterwasserteil des Schachts gebaut und zur Nervenberuhigung gründlich auf Dichtheit geprüft:
Danach wird die Rumpfhaut aufgeschnitten und der restliche Schacht gebaut:
Der Motor sitzt so weit unten, dass zwar auch vor dem Spant Anpassungen im Cockpitboden nötig sind, dafür muss die Ruderpinne später nicht unhandlich hoch über den Gasgriff bzw. das Gehäuse geführt werden.
So bleibt der Motor gut zugänglich und die Rumpfhöhe am Spant ergibt eine ideale Tiefenposition für den Propeller.
Auch die Längsposition könnte nicht besser zum Motor passen. Der Schubpropeller mit dem größeren Getriebegehäuse passt bei komplett hochgekapptem Motor gerade innen am Heckspiegel vorbei.
Die noch fehlenden Klappen und Abdeckungen usw. sind noch ein ziemliches Gefummel. Aber ich weiß eben nicht, was sich im Betrieb als sinnvoll herausstellen wird und muss daher besser mehrere Möglichkeiten vorsehen.
Mai / Juni 2021
In den beiden Monaten werden die begonnenen Änderungen nach und nach komplett. Viele der Arbeitsschritte sind Malerarbeiten mit den verschiedenen Werkstoffen: Klarlack, weißer Lack, rutschfeste Decksfarbe, Unterwassergrundierung, Antifouling. Dabei ist der nasse und wechselhafte Juni sehr lästig. In meiner Freiluftwerkstatt muß ich öfters mehrere Tage warten bis die Witterung passt. Schließlich sieht es aber doch ganz gut aus:
Glücklicherweise konnte ich Regentage zur Anfertigung der neuen Ruderpinne, dem Cockpittisch und der Badeleiter nutzen.
Die Leiterstufen gibt es einzeln zu kaufen, so dass man sich eine verlängerbare, am Heck und an der Bugplattform verwendbare, individuelle Leiter basteln kann.
Tisch und Leiter lassen sich gut in der geräumigen Backskiste unterbringen.
Unter dem mittleren Backskistendeckel befindet sich die Lenzpumpe und ein Fach, aus dem die Rettungsinsel mit einem Griff herausgezogen werden kann.
Die Anordnung des Pinnenpilot konnte wie vorhanden weiter verwendet werden.
Alles passt auch bei hochgeklapptem Motor. Dann dient die Gräting als Schutzabdeckung für den Gasgriff.
So wird zumindest der Algenbewuchs am Motor während längerer Liegezeiten verhindert.
Ob wir später auch beim Segeln den Motor hochklappen, kann ich nicht einschätzen. Zumindest wäre die Rumpfunterseite strömungsgünstig.
Juli 2021
Nach mehrwöchigem Lieferverzug ist jetzt das Lenkgetriebe da. Damit kann ich vor dem so oft verschobenen und jetzt endlich für Anfang August geplanten Einwasseren auch noch den Innensteuerstand realisieren. Wegen der besseren Robustheit entschied ich mich für die Ausführung mit Planetengetriebe. Im Toilettenraum stört der etwas größere Bauraum nicht. Die 3000 N Bruchlast bringe ich mit dem 280 mm-Steuerrädchen bestimmt nicht auf, ich rechne eigentlich nicht mal mit genug Ruderkraft, um damit nennenswert rückwärts zu fahren. Aber der Zweck ist auch witterungsgeschützte Motorfahrt und aufstoppen. Hafenmanöver werden sowieso von außen gefahren.
Der Scheibenlüfterkasten dient gleichzeitig als Stütze für das als Bluetooth-Tochterinstrument verwendete Mobilgerät. Um auch eine elektronische Seekarte erkennen zu können, kann die Halteschiene für Tabletabmessungen ausgezogen werden.
In diesem Zusammenhang erweist sich der Mercury-Motor als ideal. Nicht nur das Gas, sondern auch das Wendegetriebe wird mit der Pinne bedient. Es reicht also eine Pinnenverlängerung mit Kardangelenk und der Motor kann von der Kajüte aus bedient werden. Ausschalter, Starterknopf und Drehzahlmesser können innen je nach Bastellaune später noch dazukommen.
Das Steuerseil verläuft platzsparend hinter der Küchenschublade und über der Gäste-Hundekoje und tritt am Heck wieder aus der Backskiste aus. Wenn man von innen steuern will, wird es durch einen Bolzen mit dem Ruder verbunden. Im Normalbetrieb sind die Schubstange und die Hilfspinne eingezogen um den nötigen Freigang zum Hochklappen des Motors zu gewährleisten.
Das ist jetzt der Umbauzustand, in dem das Boot das erste Mal ins Wasser soll.
Von den Planungen, beim Umbau vorsichtig und schrittweise vorzugehen und die Zwischenstände auszuprobieren, ist coronabedingt praktisch nichts übriggeblieben. Ich bin natürlich entsprechend nervös und gespannt und werde wahrscheinlich erst wieder "normal" wenn die Segel oben sind und das Boot langsam Fahrt aufnimmt.
August 2021
So, jetzt ist es bestätigt: Das Boot schwimmt und segelt.
Das Mehrgewicht hält sich offenbar in Grenzen, die Schwimmlage hat sich nur unwesentlich verändert. Im Quertrimm wirkt sich die Unsymmetrie der Einbauten geringfügig aus. Auf der Steuerbordseite liegen Toilette, die praktisch die ganze Aussteifungsstruktur für den Kielkasten darstellt, die Batterie, sowie die Pantry mit Kocher und Kühlbox. Der Längstrimm sieht sogar besser aus als im Originalzustand, als das Vorschiff praktisch leer war. Hier kam das komfortable Bett, das Ankergeschirr und die Bugplattform hinzu. Die Kajütumbauten liegen eher neutral mittschiffs. Am Heck schlagen der neue Süllrand, der schwerere Motor und der Auftriebsverlust durch den Schacht nicht negativ durch.
Die Segeleigenschaften sind nach wie vor tadellos, schnell und wendig. Selbst vorsichtig gerefft und mit abgelassenem Motor geht es flott voran, wie man sieht. Die Übersicht nach vorn ist trotz des Steuerhauses durch die reichliche Fensterfläche und die hoch angesetzten Segel gut.
Eine ungewohnte Perspektive ist es, die eigenen Segel durch die Windschutzscheibe zu betrachten.
Das luftig helle "Wintergarten"-Wohngefühl und der für uns ungewohnt üppige Platz ist einfach toll.
Auch die Innensteuerung funktioniert bei einem ersten Test tadellos. Selbst bei Rückwärtsfahrt sind nur geringe Lenkkräfte nötig.
Fazit:
Alles funktioniert wie gewünscht, nur vom Hubkielprinzip habe ich mir mehr versprochen. Das Heben ist eine arge Schinderei und die Lastverteilung beim Trailern ist nicht ohne Probleme. Auch wenn sich sonst nur wirklich kleine Optimierungspunkte herausstellten, bleibt also noch was zu tun. Den Mehraufwand bei Transport, Aufriggen, Einwassern usw. empfinden wir als belastend gegenüber unserem gewohnten, kleinen Boot. Davon abgesehen wurden die Erwartungen in die vielseitigen, guten Eigenschaften erfüllt, das Boot blieb noch viel Segelyacht und ist genug Motorsegler geworden. Es ist sehr schön, die guten Segeleigenschaften der DiDi26 und zugleich für meine Frau und mich einen bequemen Wohnraum zu haben.
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